Sex, Geschlecht und Musik – II
Steinkind – Larissa (Püppies) – 8/18 (4:19)
An sich reagiere ich sehr allergisch auf maskulinistisches Verhalten, vor allem gepaart mit einem selbstverständlichen maskulinistischen Gestus. Was ich aber mag ist Übertreibung und Zuspitzung. Und das mag ich auch in Hinsicht auf Männlichkeit. Diese Zuspitzung und (ob gewollt kann ich nicht sagen) Übertreibung gelingt Steinkind in ihrem Titel Larissa.
An sich geht es um einen Klischee-Kerl der auf Partys geht um selbstverständlich Frauen abzuschleppen und ins Bett zu kriegen. Charakter spielt dabei keine Rolle, es geht um Sex, nicht mehr und nicht weniger. Der Sex ist dabei für ihn das Gegengewicht zu seinem „harten Job“ und seinem „harten Leben“. Warum er die Frau ins Bett kriegt?? Er (Hemd, wahrscheinlich offen, Goldkette und gegelte Haare) ist schön und lecker, versteht sich.
Wie sich das für einen Klischee-Checker gehört ist er natürlich mit seinen (schon betrunkenen) Kumpels unterwegs.
In dem Song stecken zwei gängige Konstruktionen von Männlichkeit. Zum einen gehen Männer (selbstverständlich heterosexuell) auf die Jagd nach Frauen, um diese zu erbeuten. Zum anderen spielt Alkohol dabei eine wichtige Rolle, er gehört wie selbstverständlich zum Aufreißen, zum Feiern und zu Männlichkeit dazu.
Der Alkohol hat in der Szene den gleichen Platz wie in der Mehrheitsgesellschaft. An sich ist Alkohol weit verbreitet und nicht verpönt. Das Spektrum reicht dabei vom Feierabendbier, über Wein (eine Besonderheit ist dabei sicherlich die große Beliebtheit von Met) bis hin zu Besäufnissen. Alkohol gehört damit zur Normalität. Relativ unüblich ist Komasaufen.
Der Aufreißer ist mir in der Form noch nicht über den Weg gelaufen. Das könnte aber sehr gut mit der Größe der Szene zusammenhängen. Männer (wie auch Frauen) die häufig ihre SexualpartnerInnen wechseln würde doch recht schnell auffallen. Negativ würde das Ganze aber nur wenn dabei nicht mit offenen Karten gespielt wird. Wenn beide mit einer unverbindlichen Nacht einverstanden sind dürfte das wohl weniger ein Problem darstellen.
Aufreißer genießen aber kein gesondertes Ansehen für ihre „Eroberungen“.
Agonoize – Objectum Sexuality (Exklusive Lustlieder Version) – 1/18 (3:56)
Agonoize wenden sich in Objectum Sexuality einer bisher wohl wenig bekannten Spielart von Sexualität zu, der Objektophilie. Wie von Agonoize nicht anders zu erwarten geht es dabei mit explizitem Sprachgebrauch zur Sache.
Objektophilie ist, soweit ich gelesen habe, eine Form der Sexualität bei der an die Steller anderer Menschen, Objekte treten. Das muss aber nicht bedeuten, dass der Kontakt mit anderen Menschen eingeschränkt wird, im Gegenteil, es kommt zu als normal aufgefassten zwischenmenschlichen Beziehungen zu anderen Menschen, nur nicht zu sexuellen.
Erste Objektsexuelle, die durch ihre Objektsexualität Aufsehen erregte war wohl Eija-Riitta Eklöf-Berliner Mauer, die die Berliner Mauer 1978 heiratete und seit dem einen Doppelnamen trägt. In Deutschland betreibt der 41-jährige Joachim eine Webseite über Objektophilie und will nicht nur über das Thema aufklären, sondern sucht auch den Kontakt zu anderen Objektophilen.
Mechanical Moth – Black Queen Style – 12/18 (3:58)
Im Titel Black Queen Style (Sample, Musikvideo) von Mechanical Moth wird eine bestimmte Vorstellung von Weiblichkeit konstruiert. Dabei macht es durchaus Sinn zwischen der Aussehens- und Verhaltensebene zu trennen.
Beschrieben wird ein Schönheitsideal was durchaus große Verbreitung genießt. Natürlich gehören große Brüste zu diesem Ideal. Wie könnte es auch anders sein. Weiterhin gehören dazu (Lack-) Stiefel, dunkel geschminkte Augen, sexy (Netz-) Strumpfhosen, lange (künstliche) Fingernägel, Tätowierungen, ein sexy Po und die Klassiker kurze Röcke und High-Heels (alternativ zu den Stiefeln). Das Blättern in einschlägigen Katalogen für Gothic-Mode zeigt, dass dieser Stil nicht aus der Luft gegriffen ist und sozusagen den Mainstream der Gothic-Mode darstellt. Ein Bekannter meinte während einem Gespräch über Gothic-Mode von der Stange mal leicht gelangweilt: „Ich habe mittlerweile echt genug hübsche Frauen gesehen“, womit er seinen Unmut über diese durchstandartisierte Modevorstellung zum Ausdruck bringen wollte.
Interessant ist, dass dieser Kleidungsstil direkt mit einer bestimmten Art von Frau gleichgesetzt wird, der Frau mit der „bitch desease“. Gemeint ist der Männer (oder auch gern Frauen) mordende Vamp, der sich zu Partys in Schale wirft um sich einen One-Night-Stand zu organisieren. Die Handlungen sind dabei kühl berechnet, der Ruf eh schon ruiniert und an Emotionen besteht kein Interesse.
An sich stellt sich für mich hier die Frage, warum der eh schon sexuell aufgeladene Kleidungsstil, noch zusätzlich mit dem Bild einer (krankhaften) Schlampe verbunden wird. Möglicherweise geht es nur darum die eigene Reduktion der Frauen (mit diesem Outfit) auf ein Sexualobjekt zu rechtfertigen. Das aufreizende Outfit wird dann zur Entschuldigung dafür, dass diese Frauen verobjektiviert werden und damit eigentlich auch selbst Schuld sind, wenn sie entsprechend angegafft oder behandelt werden. Die Verantwortung für das eigene (sexistische) Verhalten kann damit wunderbar externalisiert werden. Schade eigentlich, dass mensch sich hier nicht unabhängig vom Outfit auf einer unvoreingenommenen, gleichberechtigten Ebene begegnet.
Außerdem dachte ich, dass frau irgendwann alt genug ist um über ihre Sexualität frei, selbst zu bestimmen, so dass die Trennung zwischen Sexualität und Emotionalität/Liebe möglich wird ohne dass frau gleich zur Schlampe wird.